Eines der interessantesten Themen im immer mehr Facetten umfassenden Bitcoin-Bereich ist und bleibt das Mining. Erst diese Woche wurde wieder ein neues ATH erreicht und die Nachrichten der letzten paar Wochen zeigen, dass es immer noch ein Bereich ist, der sich nach wie vor neu erfindet und stets im Wandel ist. Besonders die Formierung neuer immer größer werdender Mining-Pools, die damit einhergehenden Überlegungen rund um Stratum V2, aber auch die ständige Veränderung der grossen, an Börsen gelisteten Minern sind immer wieder Gesprächsthemen und erzeugen viele Nachrichten. Bevor wir uns diese letzten Neuigkeiten anschauen, ist es jedoch einmal wert, einen Schritt zurückzutreten und sich genau zu vergegenwärtigen, was Miner eigentlich tun - also wie der Mining-Prozess abläuft.
Die Mining-Lotterie
Die meisten Menschen missverstehen oder verstehen nicht ganz, was Bitcoin-Miner tatsächlich tun, um neue Blocks zu produzieren. Es wird hauptsächlich über den hohen Energieaufwand gesprochen, was dazu führt, dass fälschlicherweise angenommen wird, dass die gesamte aufgebrachte Energie in jeden neu produzierten Block fließt. Die Analogie zum herkömmlichen Bergbau, oder Goldschürfen, trägt teilweise zur Verwirrung bei. Denn beim Bergbau arbeiten viele Maschinen gleichzeitig daran, wertvolle Stoffe aus der Erde zu ziehen, dabei können parallel weltweit Edelmetalle geborgen werden und viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, wie erfolgreich in Bergbau-Unternehmen arbeitet (z.B. Menge des Equipments, die in der Lokalität vorhandene Menge an wertvollen Stoffen, usw.). Beim Bitcoin-Mining ist dies nicht ganz der Fall.
Denn einfach ausgedrückt ist Mining eine Lotterie, um neue Blöcke in der Bitcoin-Blockchain zu erstellen. Dabei ergeben sich zwei Effekte: 1) Jeder neue Block fügt Transaktionen der Blockchain hinzu und sichert damit zusätzlich vorherige Blöcke und die darin enthaltenen Transaktionen ab (sichert also das gesamte Netzwerk ab). 2) Erhalten erfolgreiche Miner eine Belohnung (den Blockreward) für die getane Arbeit und für die aufgewendeten realen Ressourcen (z. B. Strom, Hardware, OpEx). Aber was ist genau mit Lotteriesystem gemeint?
Man stelle sich vor, dass alle Miner im Bitcoin-Netzwerk das gleiche Lotto spielen. Doch in unserem Lottospiel werden die 6 richtigen Zahlen nicht am Ende gezogen, sondern sind am Anfang jeder Runde gesetzt (es gibt keine Möglichkeit zu schummeln, denn es gibt niemanden, von dem man die richtigen Zahlen erhalten kann, bis sie gefunden wurden). Alle Lotto-Teilnehmer setzen sich also hin und fangen an, so schnell wie nur eben möglich Lottoscheine auszufüllen, denn es geht darum, die richtigen 6 Zahlen für die jeweilige Runde als erstes zu finden. Derjenige Spieler, der am schnellsten Scheine ausfüllen kann, hat höhere Chancen, die richtigen Zahlen auch als erstes zu erraten. Sobald ein Spieler die richtigen 6 Zahlen hat, ist die Runde sofort beendet und alle Mitspieler können sich den Gewinner-Schein ansehen und mit den veröffentlichten 6 Zahlen vergleichen, um damit zu validieren, dass der Gewinner auch tatsächlich übereinstimmende Zahlen hat. Der Gewinner bekommt den Jackpot und die nächste Runde beginnt. Einziger Unterschied ist, dass man sich mit dem Jackpot keine Kartbahn in den Garten bauen kann.
Da dieses Lottospiel sich immer größerer Beliebtheit erfreut kommen immer mehr interessierte Spieler hinzu, aber auch die existierenden Spieler fangen an, Freunde dazuzuholen, die ihnen helfen sollen, noch schneller Lottoscheine auszufüllen. Durch die steigende Anzahl an Spielern würde jede Runde schneller vorbei sein, da ja viel mehr Spieler gleichzeitig Scheine ausfüllen und damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die 6 Richtigen schneller gefunden werden. Da die Lotterie nur eine begrenzte Menge von Kapital zur Ausschüttung als Jackpots bereithält, muss sie das Spiel so anpassen, dass die Runden möglichst gleich lang dauern.
Dazu wird jede Runde die Schwierigkeit erhöht. Mussten die ersten Spieler nur 6 Richtige aus einer Zahlenreihe von z.B. 49 Felden erraten, wird die Anzahl der möglichen Zahlen erhöht, sodass eine Runde im Durchschnitt immer 10 Minuten dauert. Verlassen Spieler die Runde, wird die Zahl der möglichen Felder genauso wieder reduziert. Im Bitcoin-Netzwerk wird die stetige Ausschüttung von neuen bitcoins genauso reguliert. Damit im Durchschnitt alle 10 Minuten ein neuer Block produziert wird, müssen alle 2016 Blöcke (ca. alle 2 Wochen) die Schwierigkeit angepasst werden, um die Blockzeit bei 10 Minuten zu halten. Treten innerhalb dieses Zeitraums von ca. 2 Wochen mehr Miner dem Netzwerk bei, steigt die Hashrate und infolgedessen muss die Schwierigkeit angepasst werden.
Alle Miner im Netzwerk verwenden ASIC (Mining-Equipment, oder Rigs) - spezialisierte Computer, die nur darauf ausgelegt sind, Hashes so schnell wie möglich zu berechnen. Einen Hash berechnen bedeutet, eine zufällige Eingabe in eine mathematische Funktion einzufügen und eine Ausgabe zu erzeugen. Technisch bedeutet dies, dass ein Block von Transaktionen erstellt wird und in eine SHA256-Hash-Funktion eingegeben wird. Wenn die Ausgabe mit der "Gewinnerzahl" übereinstimmt, hat der Miner gewonnen und kann den neuen Block in die Blockchain schreiben und kann seinem Block das Preisgeld (die Subsidy) hinzufügen, die an den Miner ausgezahlt wird. Dann beginnt die nächste Runde.
Mehr Hashes pro Sekunde entsprechen mehr ausgefüllten Lottoscheinen pro Sekunde und damit einer größeren Erfolgswahrscheinlichkeit. Beim Hashing (mehr dazu ⬇️) wird immer eine Ausgabe mit einer festen Größe erstellt (in unserem Beispiel 6 Zahlen), die als Hash bezeichnet wird. Entgegen der landläufigen Meinung handelt es sich hierbei nicht um komplexe Mathematik, sondern nur um eine sehr schnelle Wiederholung der immer gleichen Berechnung mit neuen Eingaben, bis das erhoffte Ergebnis gefunden wird.
ASICs sind darauf ausgelegt, diese eine Berechnung (die SHA256-Hash-Funktion) so schnell und effizient wie möglich zu erledigen, und nicht um komplizierte Rechenaufgaben oder mathematische Probleme zu lösen. Es geht dabei einzig und allein um Schnelligkeit.
Anders als beim analogen Bergbau können verschiedene Teilnehmer also nicht parallel wertvolle Stoffe erwirtschaften, sondern pro Spiel immer nur einer. Der Gewinner bekommt alles und alle anderen Teilnehmer haben ihre aufgewendete Arbeit "umsonst" getan, das heißt wie beim herkömmlichen Lotto haben sie nur für die Teilnahme an der Runde bezahlt (in Form von Rechenleistung, Strom, usw.), bekommen aber vom Gewinn nichts ab. Der Anreiz besteht also darin, bei der nächsten Runde mehr Glück zu haben und die Wahrscheinlichkeit eines Gewinnes zu erhöhen.
In jeder anderen Branche schwankt das Angebot je nach Nachfrage. Wenn die Nachfrage nach einem wertvollen Stoff steigt, werden die Teilnehmer die Produktion entsprechend der Nachfrage erhöhen. Das bedeutet, mehr Equipment wird hinzugefügt, um schneller mehr des Produkts zu erwirtschaften. Bei Bitcoin ist das Angebot im Code festgelegt (neue bitcoins alle 10 Minuten) und kann sich auch bei steigender Nachfrage nicht ändern.
Aufgrund seiner genehmigungsfreien Natur ist es jedem gestattet, von überall auf der Welt Bitcoin zu produzieren, also an der Lotterie teilzunehmen. Die Lotterie schließt niemanden aus - einzig und allein Staaten oder andere Gerichtsbarkeiten können ihren Bürgern (versuchen zu) verbieten, an der Lotterie teilzunehmen. Dies führt dazu, dass sich Bitcoin-Miner überall auf der Welt ansiedeln, wo es für sie am wirtschaftlichsten ist am Netzwerk zu partizipieren (stabile und günstige Energieversorgung, rechtlich abgesicherte Eigentumsrechte, keine Verbote, usw.).
Gerade die ersten beiden Punkte (Energie und Eigentumsrechte) führen dazu, dass sich Bitcoin-Mining in Staaten wie den USA, Kanada oder Kazakhstan besonders konzentriert und in Ländern wie China oder Russland (durch Mining-Verbote) abnimmt - so in der Theorie. Denn heute stammen angenommen immer noch ca. 20% und 5% der weltweiten Hashrate aus China und Russland. Theorien dafür gibt es viele und besonders die letzten - fast unverhältnismäßigen - Anstiege der Hashrate führen zu vielen Spekulationen darüber, dass der russische Staat insgeheim seine eigene Mining-Infrastruktur ausbaut.
Hashing vs. kryptografische Verschlüsselung
Das Bitcoin-Netzwerk bedient sich vieler verschiedener Elemente, um die verschiedenen Eigenschaften oder Funktionen zu bedienen. Oft wird dabei das Hashing (z.B. verwendet beim Mining-Prozess und der Erstellung von Adressen) mit kryptografischer Verschlüsselung / Encryption (z.B. beim Erstellen von Keys) verwechselt oder in einen Topf geworfen.
Hashing: Das Hashing ist eine bestimmte Form der Kryptografie. Beim Hashing wird eine Eingabe (eine beliebig lange Datenkette) zu einer festen Ausgabegröße transformiert. Die Eingabe kann alles sein, z.B. viele Namen aneinandergereiht, oder jeder Straßenname irgendeiner Stadt aneinandergereiht, usw., es kann ziemlich alles sein, was man sich vorstellen kann und in Form einer Folge von Zeichen dargestellt werden kann. Der Hashing-Algorithmus funktioniert im Wesentlichen als Einbahnstraße, die die Eingabe in eine feste Folge von Buchstaben und Zahlen umwandelt.
Ein bekannter Anwendungsfall für diese Art von Algorithmus ist die Passwort-Speicherung auf Webseiten. Wenn Benutzer ein Passwort anlegen, errechnet der Computer automatisch einen Hash, welcher hinterlegt und beim Einloggen abgefragt wird. So werden bei einem Hack der Webseite nur nicht rückgängig zu machende Hashes der Passwörter gestohlen.
Kryptografische Verschlüsselung: Bei der kryptografischen Verschlüsselung handelt es sich auch um eine Form der Kryptografie, doch anders als beim Hashing, handelt es sich hier um einen bidirektionalen Algorithmus, also eine Zweirichtungsstraße. Das bedeutet schlicht, dass der Algorithmus eine Eingabe verschlüsselt, die verschlüsselte Ausgabe mit dem passenden Schlüssel jedoch wieder entschlüsselt werden kann. Somit kann der Besitzer des Schlüssels herausfinden, was die ursprüngliche Eingabenachricht war.
Ein bekannter Anwendungsfall für diese Art von Algorithmus ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei verschiedenen Messenger-Diensten. Nachrichten werden verschlüsselt versendet und nur der Empfänger hat den nötigen Schlüssel, um die Nachricht wieder zu öffnen. Das passiert bei den Messenger-Diensten ganz automatisch, ohne dass ein Nutzer mit den Schlüsseln herumhantieren muss.
Hashing beim Mining: Hashing ist im Wesentlichen die Art und Weise von Bitcoin, das gesamte Netzwerk zu koordinieren, um einen bestimmten Hash zu finden, der eine bestimmte vom System festgelegte Schwierigkeit erfüllt. Diese Schwierigkeit stellt sicher, dass egal ob die Hälfte der Miner im Laufe des nächsten Jahres verschwindet, oder ob sich die Anzahl der Miner im Laufe des nächsten Jahres verdreifacht, im Durchschnitt dafür Sorge getragen wird, dass das Bitcoin-Netzwerk immer ziemlich stabil ist und weiterhin etwa alle 10 Minuten ein neuer Transaktionsblock erscheint.
Es ist also essentiell, den Unterschied zwischen Verschlüsselung und Hashing zu verstehen und mit dem Mythos aufzuräumen, dass Mining "komplizierte, mathematische Probleme" löst. Ein weiterer viel verbreiteter Mythos ist, dass der Energieverbrauch zunehmen wird, je mehr Nutzer//innen Bitcoin Transaktionen ausführen. Es braucht nämlich nicht mehr Miner, um mehr Transaktionen zu verarbeiten. Die Anzahl der Transaktionen ist begrenzt durch die Blockgröße und die Anpassung der Schwierigkeit, die dafür sorgt, dass Blocks alle 10 Minuten produziert werden. Dies ist der Fall, wenn es auf der Welt nur noch einen einzigen Miner gäbe, genauso wie dies der Fall ist, wenn sich die Mining-Hashrate verhundertfacht. Eine Erweiterung der Gesamt-Hashrate führt allerdings zu einer höheren Sicherheit des Netzwerks, da ein potentieller Angriff auf das Netzwerk nur funktionieren kann, wenn der Angreifer mehr als 51% der gesamten Hashrate auf sich vereinigt.
Sven Steiger
Sven is author of Genexy.org an independent #Bitcoin publication launched in 2022 // Block 736100 Nostr: npub102mehs854zw704xr6s3krzwesmy7r8fa5vxar6yeu3zpmyu94kvs2nasul
follow me :
Related Posts
Athletes and Bitcoin: Securing Wealth Beyond Their Careers
Oct 27, 2024
Rabbit fragt#18 Rätsel
Aug 30, 2024
Rabbit fragt #17
Aug 28, 2024